Actuismus | Theorie
lat. actus: Handlung, Bewegung
Der A. erzählt vom Handeln, gibt etwas von den Ausführenden preis - jenen, die was bewegen, die den ersten Stein werfen - von Künstlern. Jedes Kunstwerk birgt ein Stück A. in sich. Die Geschichte, die ein Künstler erzählt, ist immer seine Geschichte. Der A. geht an die Wurzel aller künstlerischen Ausdrucksformen. Alles wird komprimiert und die wesentlichen Faktoren werden fokussiert. Die eigene Persönlichkeit, das Temperament, das Erlebte und das Wollen lassen das Kunstwerk so werden, wie es wird.
Sogar in der Reproduktion steckt das Ich des Schaffenden. Die Umsetzung ist die Thematik. Minimalistisch oder monumental, das ist nicht von Belang. Der Betrachter wählt die Form, mit der er in der Lage ist, sich das Kunstwerk zu erklären bzw. es zu erkennen. Actuistische Arbeiten schaffen Raum in der selbstgewählten Ein-schränkung. Nur Wesentliches verleitet zum Ausschweifen im gesteckten Rahmen. Je reduzierter die Form der Ausführung gewählt wird, desto klarer wird der Ursprung allen Schaffens. Wiedererkennen nach dem Eintauchen in ein künstlerisches Werk weckt „Heimatgefühle“ im Betrachter und bringt ihm die Arbeiten näher. Der A. ist eine basisorientierte kunsttheoretische Zusammenfassung verschiedener Strömungen des jeweiligen Kulturkreises, in dem der Künstler arbeitet. Der A. befasst sich mit der Hand-schrift des Künstlers, mit dem Ursprung in der Kunst, mit Veränderungen des Umfeldes, mit den sich daraus ergebenden Abwandlungen und Interpretationen.
Die actuistischen Arbeiten werden eine Entwicklung in einem gesetzten Zeitrahmen erfahren. Beginnend bei kontrastierenden Kompositionen mit einer scheinbar einfachen Aufgabenstellung der Anordnung im Umfeld, über das Verhältnis der Kontraste zu den Nichtkontrasten (polychrome Bilder und Skulpturen), bis hin zu den entleibten, nur durch den Betrachter sichtbar werden den Ausstellungen. Desgleichen bei den plastischen Arbeiten, die Raumzugehörigkeit und Proportionen durch den Künstler sichtbar machen. Ankommend in klangimportierten Raumskulpturen, in denen Räume den Raum verlassen.
Kernthematik sind Handschrift und Umsetzung durch den Künstler, und das sich daraus ergebende Produkt. Durch das Verfolgen der Entwicklung wird der Betrachter ein Teil des Ganzen. Der A. kann als eine Form der Minimal Art gesehen werden. Die größte Differenz liegt wahrscheinlich in seiner Umsetzung, nicht im theoretischen Background. Die Grundbedingung der Detailbilder ist die gesetzte Anordnung der drei Striche, die in dem vom Künstler gewählten Verhältnis zum Umfeld stehen. Die Erweiterung des gezeigten Bildes besteht nur aus einem Detail des Urbilds. Mit dem Vorwissen und der Phantasie des Betrachters wird der nicht sichtbare Teil des Bildes ergänzt. Dieses Bild der Phantasie ist dem Bild gleich, das wir in einem realen Bild als Geschichte erkennen wollen. Das Vorwissen entscheidet über den Eindruck, der bleibt. Haben wir uns einmal auf das Bild der drei Striche eingelassen, so wird es nie mehr wie vorher sein.
Die Fläche und die Handschrift sind Komponenten in einem Spiel, das Kunst heißt. Die Zahl der Möglichkeiten, die drei Striche anzu- ordnen, ist unendlich groß. Wenn es scheinbar zu Wiederholungen kommt, dann nur, weil der Künstler seinen Rhythmus hat, dem er unbewusst folgt. Das Werk gleicht einer Signatur: Mit jedem Strich, mit jeder Bewegung, die das Werkzeug führt, unterschreibt der Künstler ein Geständnis. Was macht die Magie einer Komposition aus? Sind es die kulturellen Wurzeln, die uns ein Werk vertraut erscheinen lassen, oder ist es das Gelernte?
Marius D. Kettler
ACTUISMUS | BILDER | ANIMATIONEN | ZEICHNUNGEN | Marius D.Kettler |
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